Gespaltene Stimmung im Bausektor: Umsatzeinbrüche trotz Auftragsplus
Die Pandemie stellt die Baubranche im Jahr 2021 vor besonders große Herausforderungen. Neben Fachkräftemangel, steigendem Wettbewerb und zunehmendem Digitalisierungsdruck bringt das Virus weitere Probleme mit sich. Eine der größten Herausforderung für Bauunternehmen und Planer durch die Pandemie besteht darin, die Hygiene- und Sicherheitsvorschriften einzuhalten. Auch Ausfall von Personal, Verzögerungen in der Lieferkette und der Wegfall von Aufträgen bzw. Projekten sehen Planer und Baufirmen als aktuelle Hürde (PwC).
Im Jahr 2020 ist die gesamte und preisbereinigte Bruttowertschöpfung pandemiebedingt um 5,2 Prozent in Deutschland zurückgegangen. Als eine der wenigen Branchen konnte sich das Baugewerbe trotz aller Einschränkungen während der Pandemie behaupten: Die preisbereinigte Bruttowertschöpfung nahm im Vorjahresvergleich sogar um 2,8 Prozent zu. Damit zählt die Baubranche zu den wesentlichen Stützen der Konjunktur in Deutschland.
Der Start ins neue Jahr ist für das Baugewerbe weniger optimal verlaufen: Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) veröffentlicht aktuelle Konjunkturindikatoren für die Bauwirtschaft und verkündet einen Umsatzeinbruch um 14 % für Januar 2021 im Vergleich zum Vorjahr. Der baugewerbliche Umsatz der Betriebe im Bauhauptgewerbe mit 20 und mehr Beschäftigten im Januar 2021 um 13,9 % zurückgegangen (real: – 15,5 %).
Tim Lorenz, Vizepräsident Wirtschaft des HDB, stellt klar:
„Wir glauben aber nicht, dass damit die Corona-Krise auch am Bau angekommen ist. Zum einen ist es nur ein und noch dazu umsatzschwacher Monat und zum anderen sind die Daten durch Sondereffekte verzerrt.“
Die Betriebe der Baubranche im Januar diesen Jahres nicht nur zwei Arbeitstage weniger als 2020 zur Verfügung gestanden, zusätzlich lief ab dem neuen Jahr die MwSt.-Senkung aus, was sich natürlich ebenfalls deutlich bemerkbar macht. Im Dezember 2020 ist der Umsatz noch um 20 % gestiegen (real: + 18 %).Auch die winterliche Wettersituation im Januar habe zu Behinderungen der Bautätigkeit geführt.
Laut einer ifo-Konjunkturumfrage hätten 50 % der befragten Baufirmen beklagt, dass ihre Bautätigkeit durch die Witterung behindert würde, im Januar 2020 seien es nur 27 % gewesen.
Die Aufträge für das Bauhauptgewerbe wuchsen im Januar inflations-, saison- und kalenderbereinigt um 2 Prozent zum Vormonat (Statistische Bundesamt). Das ist bereits der sechste Anstieg in Folge. Im Vorjahresvergleich mit Januar 2020 sei die Auftragslage um 1,2 % (real: – 3,1 %) allerdings zurückgegangen, dies aber auf einem hohen Niveau. Der Januar-Wert 2020 sei der höchste jemals gemessene Januar-Wert gewesen. Die durchgängige Nachfrage lässt sich mit den derzeitig niedrigen Zinsen und der anhaltende Bedarf an Wohnungen begründen.
Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) rechnet für die von ihm vertretenen Unternehmen im Bauhauptgewerbe für 2021 mit einem nur leichten Umsatzwachstum um die 0,5 Prozent auf ca. 105 Mrd. Euro. Die Zahl der Beschäftigten werde die Bauwirtschaft auf dem Vorjahresniveau bei 3,4 Millionen halten können. Durch diesen prognostizierten, ausbleibenden Zuwachs an neuen Auszubildenden wird der Fachkräftemangel weiterhin spürbar bleiben.
Der HDB geht für 2021 ebenfalls von einer nominalen Umsatzstagnation aus. 2021 bestehen weitere Unsicherheiten, darunter eine noch nicht gesicherte Kompensation der Gewerbesteuerausfälle auf kommunaler Ebene.
„Wenn die Politik zu ihren geplanten Investitionszusagen steht, wird die Bauindustrie wieder alles dafür tun, die Infrastrukturmodernisierung Deutschlands voranzutreiben, digital, effizient und mit Blick auf den Umwelt- und Klimaschutz. Und so auch weiterhin eine große volkswirtschaftliche Stütze sein“
– Tim Lorenz Vizepräsident Wirtschaft, HDB
Es bleibt spannend: Die Entwicklung der Bauwirtschaft im Jahre 2021 hängt von mehreren Faktoren ab. Die Politik, der Pandemie-Verlauf, die Auftragslage und das Ausmaß des Fachkräftemangels werden unter anderem über dem Konjunkturverlauf für 2021 und die Jahre danach ausschlaggebend sein.
Es zeigt sich jedoch, dass die Bauwirtschaft eine vergleichsweise stabile und krisensichere Branche ist, die mit einer hohen Nachfrage umgehen muss.
Um als Bauunternehmen die Produktivität zu steigern und der zunehmenden Nachfrage standzuhalten, empfiehlt sich eine gründliche Statusevaluation des eigenen Unternehmens in Hinblick auf eine digitale Transformation, zum Beispiel im Einkauf.