Ursachen für und Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel: Was Arbeitgeber jetzt tun können
Nicht erst seit der Covid-19-Pandemie leidet die deutsche Wirtschaft unter einem akuten Fachkräftemangel. Ganz im Gegenteil – die Pandemie hatte diesen Tatbestand lediglich in den Hintergrund gerückt. Der Hauptgrund ist der seit den 1970er Jahren andauernde demografische Wandel. Durch den Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge, geht das Statistische Bundesamt außerdem davon aus, dass ab 2023 die Bevölkerung im erwerbstätigen Alter, also zwischen 15 und 74 Jahre, schrumpfen wird.
Diese Entwicklungen werden den Fachkräftemangel verschärfen und somit auch Auswirkungen auf die Baubranche haben. In diesem Artikel erläutern wir die aktuellen Entwicklungen des sich verschärfenden Fachkräftemangels und wie Sie am besten darauf reagieren können.
Ausschlaggebend für diese Meldung war die neueste Erhebung des Instituts für Wirtschaftsforschung über fehlendes Personal, die es vierteljährlich erstellt: Hier klagen immer mehr Firmen über den Mangel an Fachkräften. Während es im April noch 23,6 Prozent waren, stieg die Zahl im Juli auf 34,6 Prozent – “das war der höchste Wert seit dem zweiten Quartal 2018 und der zweithöchste jemals erreichte Wert”. An dritter Stelle der top fünf am stärksten betroffenen Wirtschaftszweige stehen Architektur- und Ingenieurbüros mit 42,1 Prozent. “Der Anstieg der Fachkräfteknappheit fiel im Bauhauptgewerbe zum Frühjahrsbeginn am stärksten aus: Im April sahen 25,5 Prozent der Betriebe des Bauhauptgewerbes ihre Geschäftstätigkeit durch Fachkräftemangel beeinträchtigt. Im Januar waren es mir 18,2 Prozent noch deutlich weniger.”
Neben den auch in den öffentlichen Medien viel diskutierten Branchen der Pflege, Gesundheit und Medizin, sind vor allem die technischen Berufe betroffen, sowie MINT-Fächer (also Mathematik-, Ingenieur-, Naturwissenschaften und Technik), also auch solche, die mit der Digitalisierung und der Bauwirtschaft zusammenhängen. Personal mit Qualifikationen in diesen Bereichen werden beispielsweise für die Verwaltung, in der Wissenschaft, im Einkaufsmanagement oder in geschäftsführenden Positionen gesucht.
Der Mangel an Fachkräften entwickelt sich für die Baubranche zu einer Konjunkturbremse. Das zeigt sich in der Praxis vor allem daran, dass auf vielen offenen Stellen nicht genügend Bewerber kommen und überdurchschnittlich lange unbesetzt bleiben. Das Problem ist nicht nur genügend Nachwuchs zu finden, der eine Ausbildung am Bau anfängt, sondern auch dass rund die Hälfte der Auszubildenden nach ihrer Ausbildung in andere Branchen wechseln.
Zwar gibt es laut der Bundesagentur für Arbeit (BA) derzeit keinen flächendeckenden Fachkräftemangel, allerdings ist der Mangel in einigen Bereichen schon seit einiger Zeit deutlich zu spüren. In der Baubranche und im Handwerk spricht die Behörde von “vereinzelten Engpässen”. Neben den gestiegenen Kosten für Baumaterialien, ist der Mangel an qualifizierten Handwerker:innen eine ernstzunehmende Belastung für die Wirtschaft ebenso wie für Privatmenschen. Um- und Ausbau sowie Renovierungsarbeiten werden nicht nur durch die gestiegenen Materialkosten teurer als geplant, Projekte verzögern sich auch durch das Fehlen der Arbeitskräfte. Finden keine umfangreichen Gegenmaßnahmen statt, bricht das Erwerbspersonenpotenzial bis 2035 laut des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) um mehr als sieben Millionen Menschen ein.
Die alternde Gesellschaft in Deutschland ist schon seit einigen Jahrzehnten immer wieder Thema – in der Öffentlichkeit vor allem dann, wenn es um die Rente geht: Immer weniger Beitragszahlende müssen immer mehr Rentner:innen finanzieren. In den nächsten 30 Jahren wird der Anteil der arbeitenden Bevölkerung in der EU um sieben Prozent sinken. “Die Alterung verstärkt als Teil des demografischen Wandels die Engpässe im Fachkräftebereich. Laut aktuellen Vorausberechnungen wird die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, also Personen zwischen 20 und unter 65 Jahren, bereits im Jahr 2030 um 3,9 Millionen auf einen Bestand von 45,9 Millionen Menschen sinken. Im Jahr 2060 sind dann schon 10,2 Millionen weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter.”
Nicht nur der demografische Wandel trägt zu einem Fachkräftemangel bei, auch die zunehmende Akademisierung verstärkt das Ungleichgewicht. Die Wertschätzung für das Handwerk hat in den letzten Jahrzehnten abgenommen und immer mehr junge Menschen entscheiden sich für ein Studium. Dabei gilt das Handwerk als vergleichsweise krisensicher, denn viele Betriebe engagieren sich auch in schwierigen Zeiten für ihre Auszubildenden. Auch die Karrierechancen sind gut. Handwerkliche Berufe verbinden Tradition und Innovation und bieten die Möglichkeit sich selbst zu verwirklichen. Es ist wichtig diese Werte und Zukunftsaussichten den Jugendlichen zu vermitteln, um sie für eine Ausbildung zu begeistern.
Das fängt vor allem mit einer besseren Bezahlung an. Aktuell fordert der IG Bau vom Arbeitgeber einen Lohn-Plus von 6,8 Prozent, 230 EUR mehr Gehalt im Monat sowie die Erstattung der Fahrtkosten zur Baustelle. Die Tarifverhandlungen sind am 20.08.2020 gescheitert. Am 26.08.2020 startet die Schlichtung. Neben höheren Gehältern und besseren Arbeitsbedingungen muss der Fokus auch darauf liegen die Attraktivität für Berufe in der Baubranche zu steigern.
Um diese Herangehensweise zu unterstützen, hat die Handwerkskammer eine Imagekampagne gestartet, um “überholte Rollenbilder niederzureißen und mit Klischees aufzuräumen”. Hier werden nicht nur mit einem Karrieremobil Jugendliche über die zahlreichen Karrieremöglichkeiten im Handwerk informiert, auch Botschafter:innen berichten über ihre Beschäftigung und erzählen von ihrem Karriereweg. Einzelne Berufsprofile, Ausbildungsinhalte und Ausbildungsablauf werden vorgestellt; Aufklärung und die Bedeutung dieser Berufe sind wichtige Faktoren, um junge Menschen dafür zu begeistern, denn auch die Energiewende, Digitalisierung und Infrastrukturprojekte lassen sich ohne das Handwerk nicht umsetzen.
Nicht nur die Modernisierung der Akquise von Jugendlichen ist wichtig, die Auszubildenden müssen auch erfolgreich bis zur Prüfung und im Anschluss vor allem langfristig als Fachkraft gehalten werden. Hierzu zählen unter anderem eine wertschätzende und freundliche Kommunikation im Betrieb sowie eine modernisierte und bewusste Unternehmenskultur. Nicht zu unterschätzen sind außerdem die vergangenen eineinhalb Jahre, die von digitalem Unterricht geprägt waren. Vor diesem Hintergrund ist wichtig auf die Jugendlichen zuzugehen und sich an ihre Bedürfnisse anzupassen. Die Generation Thinking Studie der Maas Beratungsgesellschaft 2019 zeigt, dass “ein angenehmes Arbeitsklima sowie ein interessanter Job für die Generation Z (Jugendliche der Jahrgänge 1995 bis 2010) deutlich wichtiger als ein Beruf mit hohem Einkommen” ist. Die Azubi-Recruiting Trends 2021 von U-Form-Testsysteme zeigen darüber hinaus, dass die Jugendlichen deutlich spannendere Arbeitsinhalte erwartet haben, als ihnen im Bewerbungsprozess angeboten wurden.
Ein erster Schritt dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken ist die bessere Vergütung der Ausbildungsberufe. Zwar können Lehrlinge in zehn von 20 Branchen mit einem Lohn zwischen 700 und 1000 Euro rechnen – dazu gehört auch das Bauhauptgewerbe – doch besteht die Gefahr, “dass sich gerade in den Branchen mit sehr niedrigen Ausbildungsvergütungen über kurz oder lang nicht mehr genügend junge Leute für eine Ausbildung [entscheiden] und sich der Fachkräftemangel immer weiter verschärft.” (Koch, Marion: “Was Azubis verdienen”, Der Tagesspiegel, 13.08.2021)
Nicht nur der demografische Wandel trägt zu einem Fachkräftemangel bei, auch die zunehmende Akademisierung verstärkt das Ungleichgewicht. Die Wertschätzung für das Handwerk hat in den letzten Jahren weiter abgenommen und immer mehr junge Menschen entscheiden sich für ein Studium. Dabei gilt das Handwerk als vergleichsweise krisensicher, denn viele Betriebe engagieren sich auch in schwierigen Zeiten für ihre Auszubildenden. Auch die Karrierechancen sind gut. Handwerkliche Berufe verbinden Tradition und Innovation und bieten die Möglichkeit sich selbst zu verwirklichen. Es ist wichtig diese Werte und Zukunftsaussichten jungen Menschen zu vermitteln, um sie für eine Ausbildung zu begeistern.
Frauen, Menschen mit Behinderung und die sogenannten Silver Workers, also Menschen höheren Alters, gezielt rekrutieren. Studien zeigen, dass das Potential von Frauen am Arbeitsmarkt nach wie vor nicht voll ausgeschöpft wird, dabei war der Anteil beruflich hochqualifizierter Frauen noch nie so groß wie heute. Durch die Einbindung von weiblichen Fachkräften wird allerdings nicht nur die Vielfalt und dadurch Effizienz des Unternehmens gefördert, auch die Innovationskraft, neue Sichtweisen und Kreativität erhalten dadurch Einzug in die jeweiligen Teams. Eine besonders wichtige Rolle spielt bei der Rekrutierung von Bewerberinnen die Stellenanzeige, in der aktiv Signale platziert werden sollten, die für weibliche Fachkräfte besonders relevant sind, wie beispielsweise die Jobbezeichnung. Die spezifische Wortwahl spielt dabei eine genauso große Rolle wie die Möglichkeit flexibler Arbeitszeiten und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. (Die KOFA hält für mehr Informationen zu dem Thema Handlungsempfehlungen und Checkliste bereit.)
Dafür ist eine wertschätzende und freundliche Kommunikation im Betrieb sowie eine modernisierte Unternehmenskultur von großer Bedeutung. Dazu gehört auch die Weiterbildung der Mitarbeitenden zu fördern. Das können einerseits betriebliche Weiterbildungen sein, die das Unternehmen auf technischer und betrieblicher Eben zukunftsfähig machen, andererseits aber auch berufsbezogene Sprachförderung oder das zeit- und kosteneffiziente Lernen mit digitalen Medien in den verschiedensten Bereichen.
Der Blick ins Ausland erweitert den potentiellen Bewerbendenkreis und die Chancen des Unternehmens die passenden Kandidaten zu finden. Auch wenn die Rekrutierung ausländischer Mitarbeitender oftmals mit einem höheren Aufwand verbunden ist, profitieren Unternehmen auf vielfältige Weise:
Um diesen Herausforderungen zukunftssicher und effizient etwas entgegenbringen zu können, müssen sich sowohl Arbeitgebende als auch Arbeitnehmende dem digitalen Wandel annehmen und ihn aktiv gestalten, denn die Digitalisierung hat die Art und Weise wie wir leben und arbeiten stark verändert. Die Baubranche gilt nach wie vor als eine der am wenigsten digitalisierten Wirtschaftszweige Deutschlands. Im Vergleich zur Automobilindustrie hinkt sie Jahrzehnte zurück. Dabei gibt es auch in diesem Sektor bereits zahlreiche innovative Ansätze und Gründungen, um die Digitalisierung voranzutreiben und auf aktuelle Veränderungen einzugehen.
Einen Perspektivenwechsel brachten auch Fritz, Kiko und Max mit, als sie beratend für PERI tätig waren und erkannten, dass durch eine cloudbasierte Software besonders die Leistungsphasen 6 und 7 um ein Vielfaches effizienter und zeitsparender gestaltet werden können. Denn obwohl die Bau- und Immobilienbranche 10 Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes ausmacht, werden die meisten Arbeitsschritte zum großen Teil noch analog durchgeführt. Eine starke Fragmentierung der Branchenlandschaft, eine hohe Intransparenz im Ausschreibungssmanagement, Verzögerungen bei den Rücklaufquoten und eine erschwerte Kommunikation zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern sind die Folgen.
2019 also gründeten die drei in Berlin das Startup Cosuno und machten sich zur Aufgabe, Generalunternehmer, Architekt:innen und Bauträger im Ausschreibe- und Vergabe-Management zu unterstützen. Und in der Tat, inzwischen ist mühsames Versenden unzähliger E-Mails, unübersichtliches Sammeln von Angeboten und mangelhafte Übersicht bei deren Vergleich nicht mehr notwendig.
Der Fachkräftemangel sowie der demografische Wandel in Deutschland stellt Politik, Wirtschaft und Wissenschaft vor eine große Herausforderung. Mit modernem und vorausschauendem Führungsstil sowie einem starken Employer Branding können Arbeitgeber den Fachkräftemangel jedoch für sich entscheiden!